Schweizer Wurzeln, himmlische Zukunft
F7.
Nach rund drei Jahrzehnten im Ausland sind Sie in die Schweiz zurückgekehrt. Wie haben Sie das Land erlebt und was hat sich verändert?
Die Rückkehr gestaltete sich überraschend vielschichtig. Ich war einst als junger, weitgehend unbekannter Wissenschaftler aufgebrochen und kehrte als öffentliche Persönlichkeit zurück. Dennoch fühlte ich mich zunächst wie ein Fremder im eigenen Land: Alltägliches wirkte ungewohnt, die gesellschaftlichen Erwartungen hatten sich gewandelt.
Die Schweiz ist heute internationaler, unternehmerischer und ambitionierter und zugleich spürbar herzlicher. Zugleich habe ich festgestellt, dass Fragen nach Identität und Integration wieder stärker in den Vordergrund rücken.
Ich erinnere mich gut daran, wie in meiner Kindheit italienische Familien oft als „Einwanderer“ galten – und doch zählten ihre Kinder zu den besten Schülern unserer Schule. Dieses Phänomen lässt sich weltweit beobachten: In den USA etwa haben mehr als die Hälfte der erfolgreichen Tech-Start-ups mindestens ein Gründungsmitglied mit Migrationshintergrund.
F8.
Heute leiten Sie das ETH Space Center und haben einen neuen Masterstudiengang mitinitiiert. Was ist Ihre Vision dafür?
Wir wollen mit dem Programm jungen Menschen die Türen zur internationalen Raumfahrt öffnen auf dem Niveau der besten Programme weltweit, aber zugeschnitten auf die Industrie von heute, nicht von gestern. Viele Jobs sind nicht mehr bei staatlichen Agenturen, sondern in Start-ups. Es geht um Daten, Künstliche Intelligenz, flexible Anwendungen. Unser Ziel ist, dass unsere Absolventinnen und Absolventen in fünf bis zehn Jahren zu den gefragtesten Fachkräften Europas gehören, weil sie das richtige Know-how mitbringen.
F9.
Weltraumforschung findet nie im luftleeren Raum statt. Wie kann Wissenschaft in dieser komplexen Welt ihre Integrität bewahren?
Indem sie sich nicht nur auf Effizienz oder Daten verlässt, sondern Werte in den Mittelpunkt stellt: Verantwortung, Transparenz, Ethik. Wissenschaft muss sich auch ihrer Wirkung bewusst sein – gesellschaftlich, politisch, ökologisch. Und: Wir brauchen mehr Menschen mit technischem Hintergrund in politischen Ämtern. Die Welt braucht Entscheidungsträger, die Technologie nicht nur anwenden, sondern verstehen, auch in ihren Folgen.
F10.
Was würden Sie einem jungen Menschen sagen, der heute von einer Zukunft im Weltraum träumt?
Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als jetzt. Der Weltraum liefert Antworten auf Fragen, die uns alle betreffen vom Klimawandel bis zur Sicherheit unserer Infrastruktur. Und er eröffnet neue Perspektiven: auf die Erde, auf andere Welten, auf unser Menschsein. Mein Wunsch ist, dass die Schweiz Technologien entwickelt, die weltweit führend sind, in der Zeitmessung, der Sensorik, der Datenanalyse. Denn dieses Land war schon immer ein Sprungbrett: für Ideen, für Innovation, für die Zukunft.